image: A male boat-tailed grackle on a roof at a cattle ranch in Lake Placid, Florida.
Credit: © Corina J. Logan
Auf den Punkt gebracht
- Grackeln, die auf mehr Flexibilität trainiert wurden, waren anschließend bei der Nahrungssuche erfolgreicher: Sie fraßen mehr und nutzten mehr Suchstrategien. Die Untersuchung ihrer kognitiven Fähigkeiten in freier Wildbahn zeigt, wie sich ihre Flexibilität auf ihre Anpassungsfähigkeit an vom Menschen veränderte Lebensräume auswirkt.
- Verhaltensflexibilität ist offenbar nicht der entscheidende Faktor für eine rasche geografische Ausbreitung: Bei zwei erfolgreichen Stadtvogelarten wurde ein hohes Maß an Flexibilität festgestellt, doch nur eine davon breitet sich rasch aus. Dies deutet darauf hin, dass Flexibilität allein keine rasche geografische Ausbreitung bewirkt.
- Die Rolle der Kognition bei der Anpassung von Vögeln: Verhaltensflexibilität ermöglicht es Vögeln, sich an vom Menschen veränderte Lebensräume anzupassen. Bei der Ausbreitung in neue geografische Gebiete spielt sie jedoch eine geringere Rolle.
Flexibilität durch vielseitige Nahrungssuche wirkt sich auf ihre Fähigkeit aus, sich an eine vom Menschen veränderte Umwelt anzupassen
Verhaltensflexibilität, die sich bei der Nahrungssuche, der Habitatnutzung und im Sozialverhalten äußert, spielt vermutlich eine wichtige Rolle für die Fähigkeit einer Art, sich an vom Menschen veränderte Lebensräume anzupassen. Bislang gibt es jedoch nur wenige Belege dafür, dass diese Flexibilität mit dem Erfolg von Arten bei der Besiedlung vom Menschen veränderter Lebensräume zusammenhängt. Solche Belege fanden Forschende nun bei zwei Populationen von Großschwanzgrackeln, einer Vogelart, die hauptsächlich in vom Menschen veränderten Lebensräumen lebt.
Das Forschungsteam stellte fest, dass auf größere Flexibilität trainierte Grackeln eine größere Vielfalt an Nahrungsmitteln und Nahrungserwerbstechniken nutzten, jedoch ähnliche Habitatnutzungsmuster und Sozialverhaltensweisen wie nicht trainierte Grackeln zeigten. Da sich die Art in den letzten Jahren schnell ausbreitete und zunehmend in urbane und trockene Lebensräume vordrang, könnten die neuen Ergebnisse darauf hindeuten, dass die Diversität der Nahrungssuche – also die Anzahl verschiedener Futtertypen, die ein Individuum aufnimmt – ein Faktor für die Anpassung an vom Menschen veränderte Lebensräume sein könnte.
„Wir lachen über die Vögel auf Parkplätzen, die sich von Pommes-Resten ernähren, aber tatsächlich sind nicht alle Vögel in der Lage, ihr Verhalten zu ändern, um diese vom Menschen bereitgestellten Ressourcen zu nutzen. Es ist daher interessant zu sehen, dass die Fähigkeit, viele verschiedene Nahrungsmittel zu fressen, mit der kognitiven Eigenschaft der Verhaltensflexibilität zusammenhängt“, sagt Kelsey McCune. Sie forschte an der University of California in Santa Barbara, als sie mit dem Grackle-Projekt zusammenarbeitete, und ist jetzt an der Auburn University tätig.
Neues Maß an Flexibilität entdeckt
Das Forschungsteam maß die Flexibilität der einzelnen Grackeln mithilfe eines Verhaltenstests, dem sogenannten Reversal Learning, in der Voliere. Bei diesem weit verbreiteten Flexibilitätstest lernt ein Individuum zunächst, eine Farbe bevorzugt auszuwählen, da das Futter immer in einer Röhre dieser Farbe zu finden ist. Anschließend wird die Farbpräferenz auf eine Röhre mit einer anderen Farbe „übertragen”, in der sich nun immer das Futter befindet.
Nachdem die Grackeln den Test absolviert hatten, wurden sie wieder in die Freiheit entlassen und ihr Nahrungssuch- und Sozialverhalten in freier Wildbahn aus der Ferne beobachtet. Dabei stellten die Forschenden fest, dass die Grackeln, die sich im Umkehr-Lerntest flexibler verhielten, auch in freier Wildbahn häufiger zwischen verschiedenen Futtertypen wechselten.
„Das ist eine großartige Entdeckung, denn es ist sehr schwierig, Wildvögel in Volieren zu halten, um ihre Flexibilität zu messen. Jetzt können wir ihre Flexibilität einfach bestimmen, während sie in Freiheit leben“, sagt Corina Logan, leitende Wissenschaftlerin des Forschungsprojekts am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. Diese neue Methode zur Flexibilitätsmessung wird für viele Forschende zugänglicher sein, da neben der Fähigkeit, die Tiere zu unterscheiden, nur ein Fernglas benötigt wird.
Bootsschwanzgrackeln sind sehr anpassungsfähig, breiten sich aber nicht schnell aus
Verhaltensflexibilität wird als wichtiger Faktor für die Fähigkeit angesehen, sich in neue Lebensräume auszubreiten. Die Forschenden untersuchten dies anhand zweier eng verwandter Arten: der Großschwanzgrackeln, die ihr Verbreitungsgebiet schnell erweitern, und der Bootsschwanzgrackeln, bei denen dies nicht der Fall ist. Die Annahme war: Wenn Großschwanzgrackeln flexibel sein müssen, um ihr Verbreitungsgebiet auszudehnen, dann sollten Bootsschwanzgrackeln weniger flexibel sein.
Die Forschenden stellten jedoch fest, dass beide Arten sehr flexibel sind. Dies deutet darauf hin, dass Flexibilität nicht der entscheidende Faktor für eine schnelle Ausbreitung ist. „Diese Arten sind sich in vielerlei Hinsicht ähnlich: Sie ernähren sich von denselben Nahrungsmitteln, leben an denselben Ortstypen und sehen sogar gleich aus. Angesichts ihrer unterschiedlich schnellen Verbreitung war es überraschend, dass sie sich auch in Bezug auf ihre Flexibilität ähneln“, sagt Logan.
Betrachtet man diese Ergebnisse im Zusammenhang mit früheren Erkenntnissen der Gruppe zu diesen Arten, so wird die Hypothese weiter untermauert, dass sowohl Beharrlichkeit als auch Flexibiltätsvariabilität eine Rolle bei der Erweiterung des Verbreitungsgebiets von Großschwanzgrackeln spielen. Es ist wahrscheinlich, dass beide Arten in der Vergangenheit Flexibilität benötigten, um sich an die durch das Vordringen des Menschen in ihr Verbreitungsgebiet entstandenen, veränderten Lebensräume anzupassen. Möglicherweise benötigen sie auch weiterhin Flexibilität, um in den vom Menschen veränderten Lebensräumen zu überleben, in denen sie inzwischen primär heimisch sind.
Die Ergebnisse zeigen, welche Faktoren berücksichtigt werden müssen, um den Erfolg einer Art in einer neuen Umgebung prognostizieren zu können.
Journal
Peer Community Journal
Article Title
Behavioral flexibility is related to foraging, but not social or habitat use behaviors, in a species that is rapidly expanding its range
Article Publication Date
22-Jul-2025