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„Fluting“ - Ikonische Technologie früher amerikanischer Kulturen auch in Arabien entdeckt

Der Fund von Steinspitzen mit Längsfurchen sowohl in Amerika als auch in Arabien ist ein herausragendes Beispiel für voneinander

Peer-Reviewed Publication

Max Planck Institute of Geoanthropology

Manayzah Rockshelter during excavation

image: The sites of Manayzah (Yemen) and Ad-Dahariz (Oman) yielded dozens of fluted points. The Arabian examples date to the Neolithic period, about 8,000 to 7,000 years ago, at least two thousand years later than the American examples. view more 

Credit: Joy McCorriston, OSU

Eine neue Studie, die am 5. August in der Zeitschrift PLOS ONE erscheint, berichtet über Projektilspitzen mit Längsfurchen aus Südarabien und geht dabei detailliert auf Produktionsmethoden und technische Aspekte ein, die trotz Ähnlichkeiten in der Form auf Unterschiede in der Funktion gegenüber der amerikanischen Technologie hinweisen. Die Ergebnisse von Experimenten und vergleichenden Analysen legen nahe, dass hoch entwickelte, konvergente Technologien zu unterschiedlichen anthropologischen Schlussfolgerungen führen können.

Untersucht wurden im Rahmen der Forschungsarbeit, an der Wissenschaftler/-innen von CNRS (Centre national de la recherche scientifique), Inrap (Institut national de recherches archéologiques préventives), der Ohio State University und des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte beteiligt waren, gefurchte Steinspitzen, die an den archäologischen Stätten Manayzah im Jemen und Ad-Dahariz im Oman gefunden wurden. Diese Form von Steinwerkzeugen sind eine charakteristische, technologisch fortgeschrittene Form von Projektilspitzen, wie sie auch für Speere und Pfeile verwendet wurden. Mit einer speziellen Technik wird bei der Herstellung dieser Spitzen entlang des Projektils eine Furche herausgeschlagen, wobei an der Basis der Spitze eine ausgeprägte Vertiefung entsteht.

Dieses Abschlagen einer Längsfurche wird in der Archäologie als „Fluting“ bezeichnet und gilt als charakteristisch für die frühen amerikanischen Kulturen. Insbesondere in Nordamerika war diese Technologie weit verbreitet. Das belegen Funde auf dem ganzen Subkontinent, die zwischen 13.000 und 10.000 Jahre alt sind. Erstautor Dr. Rémy Crassard vom CNRS erklärt: "Bis Anfang der 2000er Jahre war diese Form von Steinspitzen nirgendwo sonst auf dem Planeten bekannt. Als erste derartige Objekte im Jemen und kürzlich im Oman gefunden wurden, erkannten wir, dass dies enorme Bedeutung haben könnte".

In Manayzah und Ad-Dahariz wurden Dutzende solcher Steinspitzen entdeckt. Die arabischen Funde stammen aus der Jungsteinzeit und sind etwa 8000 bis 7000 Jahre alt. Damit sind sie mindestens 2000 Jahre jünger als die amerikanischen Funde. Professor Petraglia vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte führt aus: "Angesichts ihres Alters und der Tatsache, dass die gefurchten Spitzen aus Amerika und Arabien Tausende von Kilometern voneinander entfernt gefunden wurden, gibt es keine mögliche kulturelle Verbindung zwischen ihnen. Sie sind damit ein eindeutiges und hervorragendes Beispiel für kulturelle Konvergenz beziehungsweise eine unabhänige Erfindung in der Geschichte der Menschheit."

Detaillierte technologische Analysen, die durch Experimente mit Steinwerkzeugen und die Replikation durch einen modernen Feuersteinknapper unterstützt wurden, veranschaulichen die Ähnlichkeiten zwischen der amerikanischen und der arabischen Technik.

Neben den Gemeinsamkeiten untersuchte das Team auch die Unterschiede zwischen den Technologien beider Regionen. Augenscheinliche Unterschiede bestanden in der Art und Lage der Furche. Das Autorenteam betont, dass die "Fluting-Methode" wahrscheinlich eine mentale Konzeptualisierung der Herstellung von Steinwerkzeugen war, mehr als nur eine technische Methode zur Herstellung eines Projektils mit einer Schäftungszone. Während auf dem amerikanischen Kontinent die offensichtliche Funktion des Flutings darin bestand, das Anbringen der Spitze an einem Schaft zu erleichtern, haben die arabischen Steinspitzen meist keine Schäftung als funktionelles Endziel. Das Konzept des Furchens und die Methode selbst sind in Amerika und Arabien dieselben, das Ziel des Furchens scheint jedoch unterschiedlich zu sein.

Die arabische und die amerikanische Technologie zum Furchen der Steinspitzen waren hochspezialisierte Methoden zur Herstellung von Steinwerkzeugen. Die PLOS ONE-Studie über die arabische Technologie zeigt, dass unter verschiedenen Umständen ähnliche Innovationen und Erfindungen entwickelt wurden und dass solche hochqualifizierten und konvergenten Produktionsmethoden zu unterschiedlichen anthropologischen Schlussfolgerungen führen können. Professor McCorriston argumentiert zusammenfassend, dass "das Furchen in Arabien als eine Demonstration von Geschicklichkeit benutzt wurde, anstatt einem rein funktionalen Zweck wie der Schäftung zu dienen, wie es in Amerika im Allgemeinen der Fall war."

In der arabischen Vorgeschichte erlebte das südliche Arabien Entwicklungen lokalen Ursprungs, mit zahlreichen Beispielen für Erfindungen und Innovationen, die kulturell nicht durch fremde Traditionen überliefert sind. Die Fluting-Technologie ist ein Kennzeichen dieser indigenen Entwicklung in der südarabischen Steinzeit.

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