News Release

Wie kommt Kalium in die Zelle?

Überraschende Entdeckung eines chimären Proteins, das Ionenpumpe und Ionenkanal vereint

Peer-Reviewed Publication

Goethe University Frankfurt

Ein ausgeglichener Kalium-Haushalt ist sowohl für den Menschen wie auch für Bakterien überlebenswichtig. Da Bakterien aber viel stärkeren Schwankungen der Umweltbedingungen ausgesetzt sind, stellt die kontrollierte Kaliumaufnahme für sie oft eine besondere Herausforderung dar. Da die Zellmembran für Kalium-Ionen undurchlässig ist, muss es über spezifische Membrantransportproteine gezielt aufgenommen werden.

Zum einen ermöglichen Kaliumkanäle das schnelle, aber passive Einströmen von Kalium-Ionen. Dieses endet, sobald sich ein elektrochemisches Gleichgewicht der Zelle und der Umgebung eingestellt hat. Um darüber hinaus höhere intrazelluläre Konzentrationen zu erlangen, wird Kalium durch Kaliumpumpen aktiv in die Zelle transportiert, wobei Energie in Form von ATP verbraucht wird.

Da beide Proteinfamilien - Kanäle und Pumpen - sehr unterschiedliche Funktionen übernehmen, wurden sie bisher als voneinander unabhängig beschrieben. Das stand jedoch im Widerspruch zu der Beobachtung, dass KdpFABC, ein hochaffines, aktives Kaliumaufnahmesystem von Bakterien, keine einfache Pumpe darstellt, sondern aus insgesamt vier unterschiedlichen Proteinen aufgebaut ist. Eines davon leitet sich von einer typischen Pumpe ab, während ein weiteres einem Kaliumkanal ähnelt.

Inga Hänelt, Juniorprofessorin für Biochemie an der Goethe-Universität, und ihre Kollegin Cristina Paulino von der Rijksuniversiteit Groningen, Niederlande, nahmen das Membranprotein KdpFABC deshalb genauer unter die Lupe bzw. das Kryo-Elektronenmikroskop. Das Ergebnis überraschte sie: „Alle früheren Hypothesen waren falsch", erklärt Inga Hänelt. „Obwohl wir alle Daten vorliegen hatten, hat es eine Weile gedauert, bis wir verstanden haben, welchen Weg das Kalium tatsächlich durch den Komplex in die Zelle hineinnimmt."

Zunächst bindet ein Kanal-ähnliches Protein das Kalium und reicht es dann durch den ersten Tunnel an die Pumpe weiter. Dort angekommen wird der erste, auswärtsgerichtete Tunnel verschlossen, während sich ein zweiter, einwärtsgerichteter Tunnel öffnet. Dieser erstreckt sich ebenfalls zwischen beiden Proteinen und endet schließlich im Inneren der Zelle. „Der Komplex vereint quasi die besten Eigenschaften beider Proteinfamilien", erklärt Charlott Stock, Doktorandin in der Arbeitsgruppe von Inga Hänelt. „Das Kanal-ähnliche Protein bindet Kalium zunächst sehr spezifisch und mit hoher Affinität, während die Pumpe den aktiven Transport ermöglicht, wodurch das Kalium in der Zelle bis zu 10.000-fach angereichert werden kann."

Die kürzlich in Nature Communications publizierten Daten verdeutlichten den Wissenschaftlerinnen eindrucksvoll, wie vielfältig Transporte über Membranen sein können. „Wir haben daraus gelernt, uns bei der Erforschung verschiedener Membrantransportproteine nicht auf scheinbar unumstößliche Mechanismen festzulegen, sondern offen für Überraschungen zu sein", fasst Inga Hänelt zusammen.

###

Publikation:

Charlott Stock, Lisa Hielkema, Igor Tascon, Dorith Wunnicke, Gert T. Oostergetel, Mikel Azkargorta, Cristina Paulino, Inga Hänelt, Cryo-EM structures of KdpFABC suggest a K+ transport mechanism via two inter-subunit half-channels, in: Nature Communications, 10.1038/s41467-018-07319-2

Ein Bild zum Download finden Sie unter: http://www.uni-frankfurt.de/75137139

Bildtext: Auswärts und einwärts geöffnete Strukturen von KdpFABC in der Zellmembran. Bildrechte: Arbeitsgruppe Inga Hänelt

Information: Juniorprofessorin Dr. Inga Hänelt, Institut für Biochemie, Fachbereich 14, Campus Riedberg, Tel.: (069) 798-29262, haenelt@biochem.uni-frankfurt.de.

Aktuelle Nachrichten aus Wissenschaft, Lehre und Gesellschaft in GOETHE-UNI online

Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 mit privaten Mitteln überwiegend jüdischer Stifter gegründet, hat sie seitdem Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Medizin, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein hohes Maß an Selbstverantwortung. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geistes- und Sozialwissenschaften. Zusammen mit der Technischen Universität Darmstadt und der Universität Mainz ist sie Partner der länderübergreifenden strategischen Universitätsallianz Rhein-Main. Internet: http://www.uni-frankfurt.de

Herausgeberin: Die Präsidentin der Goethe-Universität Redaktion: Dr. Anne Hardy, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Theodor-W.-Adorno-Platz 1, 60323 Frankfurt am Main, Tel: (069) 798-12498, Fax: (069) 798-763 12531, hardy@pvw.uni-frankfurt.de


Disclaimer: AAAS and EurekAlert! are not responsible for the accuracy of news releases posted to EurekAlert! by contributing institutions or for the use of any information through the EurekAlert system.