News Release

Entdeckung einer neuen Herz- und Darmerkrankung

Die hierfür verantwortliche genetische Mutation geht auf die Wikinger des 12ten Jahrhunderts zurück

Peer-Reviewed Publication

University of Montreal

Diese Pressemitteilung ist verfügbar auf Englisch und Französisch.

Montreal und Québec, Canada und Utrecht, Niederlande, 5. Oktober 2014 - Forscher und Ärzte am CHU Sainte-Justine, Universität von Montreal, CHU Québec, Universität von Laval, und Hubrecht Institut haben eine seltene Erkrankung entdeckt, die zugleich die Herzfrequenz und die Darmbewegung betrifft. Die Erkrankung, die `Chronic Atrial and Intestinal Dysrhythmia Syndrome' genannt wurde, ist schwerwiegend und wird von einer seltenen Mutation in einem einzelnen Gen hervorgerufen. Die Studie, die am 5. Oktober in Nature Genetics veröffentlicht wurde, zeigt, dass die rhythmischen Kontraktionen von Herz und Darm durch ein einzelnes Gen miteinander in Verbindung stehen.

Das Forscherteam in Kanada hat ebenfalls einen diagnostischen Test für das CAID Syndrom entwickelt. 'Dieser Test wird das Syndrom, das mit verschiedenen Herz- und Darmsymptomen einhergeht, mit Sicherheit identifizieren', sagt Prof. Dr. Gregor Andelfinger, ein Kinderkardiologe und molekularer Forscher am Sainte-Justine Krankenhaus in Montréal. 'Die Symptome sind schwerwiegend, und die Behandlung ist sehr aggressiv und invasiv', fügt Prof. Dr. Philippe Chetaille hinzu, ein Kinderkardiologe und Forscher am Universitätskrankenhaus von Québec. Auf kardialer Ebene leiden die Patienten in erster Linie an einer langsamen Herzfrequenz, was die Einpflanzung eines Herzschrittmachers für die Hälfte der Patienten häufig bereits in ihrer Kindheit notwendig macht. Auf Darmebene erfordert eine chronische intestinale Pseudoobstruktion die Patienten häufig dazu, ausschliesslich parental ernährt zu werden. Darüberhinaus müssen sich viele von ihnen einer Darmoperation unterziehen.

Die Entdeckung des CAID Syndroms

Durch Analyse der DNA frankokanadischer Patienten und eines Patienten skandinavischer Herkunft, die sowohl einen kardialen als auch einen gastrointestinalen Befall aufwiesen, konnten die Forscher eine Mutation im Gen SGOL1 nachweisen, die allen Patienten gemeinsam ist. 'Um jeglichen Zweifel an der ursächlichen Rolle dieser Mutation auszuräumen, haben wir uns versichert, dass diese Gen bei den Patienten, bei denen nur eines des beiden Systeme betroffen ist, ausgeschlossen ist', sagte Prof. Dr. Andelfinger. Ähnlich äusserte sich Prof. Dr. Bakkers, ein Mitarbeiter der Studie am Hubrecht Institut in den Niederlanden, der Zebrafische mit einer Mutation im gleichen Gen untersuchte: 'Die mutierten Fische zeigten die gleichen kardialen Symptome wie Menschen, was die ursächliche Rolle des Gens SGOL1 bestätigt', fuhr er fort.

Ein transatlantischer Gründereffekt

Das Forscherteam verfolgte den Stammbaum von acht Patienten frankokanadischer Herkunft mit Hilfe der historischen Datenbank BALSAC in Québec zurück. Sie waren in der Lage, einen gemeinsamen Vorfahren aus dem 17ten Jahrhundert auszumachen, genauer gesagt ein Gründerpaar, das 1620 in Frankreich heiratete. Molekulargenetische Untersuchungen bewiesen ebenfalls, dass die identifizierten frankokanadischen und schwedischen Mutation gleicher Herkunft sind, was den Gründereffekt beweist und auf die wichtige Rolle von Völkerwanderungen hinweist. Nach den Berechnungen der Forscher geht das genetische Erbe auf das 12te Jahrhundert zurück und folgt der Route der Wikinger von Skandinavien in die Normandie, dann den Siedlern, die im 17ten nach Nouvelle France, der heutigen Provinz Quebec, einwanderten.

Eine unvermutete Rolle für das Gen SGOL1

Die Forscher glauben, dass die Mutation von SGOL1 den Schutz von bestimmten Nerven- und Muskelzellen im Darm und im Herz mindert, was zu vorzeitiger Alterung dieser Zellen aufgrund eines beschleunigten Zellzyklus führt. Ihre Ergebnisse weisen auf eine unvermutete Rolle des Gens SGOL1 in der Fähigkeit des Herzens hin, den Rhythmus ein Leben lang aufrechtzuerhalten. Die besondere Rolle, das dieses Gen und seine Mutation spielt, werden im Zentrum zukünftiger Untersuchungen der Forscherteams stehen. Zusammen mit den Ärzten und Patienten hofft die Gruppe, dass ihnen das Verständnis dieser Erkrankung helfen wird, neue Wege der Behandlung zu finden, die spezifisch auf genetischen und molekularen Ursachen abzielen.

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Über diese Studie

Die Studie ' Mutations in SGOL1 cause a novel cohesinopathy affecting heart and gut rhythm ' wurde am 5. Oktober 2014 in Nature Genetics veröffentlicht. Das Projekt wurde von den folgenden Partnern finanziert: Konsortium FORGE Canada, Canadian Institutes of Health Research, Ontario Genomics Institute, Genome Quebec, Genome British, Stiftung Nussia et André Aisenstadt, Stiftung GO, Fondation Leducq, und Association des pseudo-obstructions intestinales chroniques, Frankreich.

Über die Forscher

Prof. Dr. Gregor Andelfinger ist Kinderkardiologe am Centre Hospitalier Universitaire Sainte Justine, Montreal, Forscher am Forschungszentrum des Universitätskrankenhauses Sainte Justine und Professor in der Abteilung Pädiatrie an der Universität von Montreal am Lehrstuhl für kardiovaskuläre Genetik.

Prof. Dr. Philippe Chetaille, MSc, ist Kinderkardiologe am Centre Hospitalier Universitaire Quebec, Forscher am Forschungszentrum des Universitätskrankenhauses Quebec und Professor in der Abteilung Pädiatrie.

Prof. Dr. Jeroen Bakkers, PhD, ist ein Leiter der Arbeitsgruppe Genetik und Herzentwicklung am Hubrecht Institut in Utrecht, Niederlande.

Interviews und Filmaufnahmen

Forscher, Ärzte, Patienten und Eltern stehen auf Anfrage für Interviews zur Verfügung.

Interviews und Pressekontakt

William Raillant-Clark
International Press Attaché, Université de Montréal
514-343-7593 w.raillant-clark@umontreal.ca


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