News Release

Die Geheimnisse erster Farbfotografien der Welt entdecken

Peer-Reviewed Publication

Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne

Es wird oft gesagt, dass der Himmel vor der Luftfahrt blauer war, doch wie können wir im 21. Jahrhundert herausfinden, wie Licht und Farben vor hundert Jahren aussahen? Kürzlich hatte eine Gruppe von Forschern des Labors für audiovisuelle Kommunikation der EPFL an der Fakultät für Computer- und Kommunikationswissenschaften die einmalige Gelegenheit, dies herauszufinden.

Die Forscher erhielten nämlich Zugang zu Schätzen, die sonst in den Tresoren einer Handvoll Museen weggeschlossen sind: Original-Fotoplatten und Bilder des Wissenschaftlers und Erfinders Gabriel Lippmann, der 1908 den Nobelpreis für Physik für seine Methode zur Reproduktion von Farben in der Fotografie erhielt.

In einem kürzlich in den «Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)» veröffentlichten Artikel erklären die Autoren, dass die meisten fotografischen Techniken nur drei Farbtonmessungen vornehmen, für Rot, Grün und Blau. Sie entdeckten jedoch, dass Lippmanns historischer Ansatz typischerweise 26 bis 64 Spektralproben von Informationen im sichtbaren Bereich erfasste. Seine Technik, die auf denselben Interferenzprinzipien beruht, mit welchen vor kurzem der Nachweis von Gravitationswellen gelang und die die Grundlage der Holographie und der meisten modernen interferometrischen Bildgebungsverfahren bildet, ist heute fast gänzlich in Vergessenheit geraten.

«Es handelt sich um die ältesten je aufgezeichneten multispektralen Lichtmessungen. Wir fragten uns also, ob es möglich wäre, das ursprüngliche Licht dieser historischen Szenen genau nachzubilden», erklärte Gilles Baechler, einer der Autoren der Arbeit, «doch die Herstellungsweise der Fotos war sehr speziell. Deshalb interessierte uns auch besonders, ob es uns gelingen würde, digitale Kopien zu erstellen und die Funktionsweise der Technik zu verstehen.»

Die Forscher fanden heraus, dass die multispektralen Bilder, die von einer Lippmann-Platte reflektiert wurden, Verzerrungen enthielten, obwohl die reproduzierten Farben dem Betrachter stimmig erschienen. Als sie das gesamte von einer Lippmann-Platte reflektierte Spektrum untersuchten und mit dem Original verglichen, stellten sie zahlreiche Unstimmigkeiten fest, von denen viele selbst in modernen Studien nie dokumentiert worden waren.

«Am Ende modellierten wir den gesamten Prozess vom aufgenommenen multispektralen Bild bis hin zur Aufnahme in das Foto. Wir konnten das von ihm zurückgeworfene Licht einfangen und messen, inwiefern es sich vom Original unterscheidet», sagte Baechler. War das Team demnach in der Lage, jahrhundertealtes Licht nachzubilden?

«Bei den historischen Platten gibt es Faktoren im Prozess, die wir schlicht nicht kennen können, aber weil wir die Unterschiede beim Licht kennen, konnten wir einen Algorithmus zur Wiederherstellung des ursprünglich eingefangenen Lichts erstellen. Es gelang uns, die Invertierbarkeit zu untersuchen. So wissen wir, dass es bei einem mittels Lippmann-Aufnahme erzeugten Spektrum möglich ist, die Verzerrungen rückgängig zu machen und das ursprüngliche Eingangsspektrum zu rekonstruieren. Als wir uns an die praktische Arbeit machten und nach dem historischen Verfahren unsere eigenen Platten herstellten, konnten wir überprüfen, ob die Modellierung korrekt war», fuhr der Forscher fort.

Die vollständige Modellierung einer mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Bildgebungstechnik ist an sich schon sehr interessant. Die Forscher glauben jedoch, dass das Wiederaufgreifen von Lippmanns Fototechnik in diesem Jahrhundert neue technologische Entwicklungen anregen könnte.

Das Team baute bereits einen Prototyp einer digitalen Lippmann-Kamera. Besonders fasziniert ist es auch von den Möglichkeiten der multispektralen Bildsynthese sowie von neuen multispektralen Kamera-, Druck- und Display-Designs.

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