News Release

Das Mikrobiom als Schlüssel zum Verständnis des Bodens

Zwischen Pilzen und Bakterien in der Erde herrscht ein permanenter Wettkampf, wie die erste weltweite Untersuchung der Bodengenomik aufzeigt

Peer-Reviewed Publication

European Molecular Biology Laboratory

Global Warfare between Bacteria and Fungi

image: Global warfare between bacteria and fungi. CREDIT: EMBL/Hildebrand/Krolik in collaboration with Campbell Medical Illustration. view more 

Credit: EMBL/Hildebrand/Krolik in collaboration with Campbell Medical Illustration

Der Boden steckt voller Leben, was entscheidend für den globalen Nährstoffkreislauf und die Kohlenstoffanreicherung ist. Um die Prozesse innerhalb des Bodens besser zu verstehen, führte ein internationales Forschungsteam unter Leitung des EMBL und der Universität Tartu (Estland) die erste weltweite Untersuchung von Bakterien und Pilzen durch. Diese Daten zeigten, dass Bakterien und Pilze in ständigem Wettbewerb um Nährstoffe stehen. Unter anderem werden mikrobiell produzierte Antibiotika benutzt, um sich einen Vorteil gegenüber den konkurrierenden Stämmen zu verschaffen. Diese Untersuchung kann dazu beitragen, natürliche vorkommende Mikroben besser in der Landwirtschaft zu nutzen und die Auswirkungen des Klimawandels auf die Erdmikrosphäre genauer vorherzusagen. Das Fachmagazin Nature veröffentlicht die Ergebnisse am 01 August.

Bei der Erforschung des Bodenmikrobioms müssen sich die Wissenschaftler die Hände schmutzig machen. Über fünf Jahre hinweg entnahmen sie 58.000 Bodenproben an 1.450 Standorten auf der ganzen Welt (40 Teilproben pro Standort); die Standorte wurden danach ausgewählt, ob sie von menschlichen Aktivitäten wie der Landwirtschaft unbeeinflusst waren. Mohamad Bahram (Universität Tartu) und Falk Hildebrand (EMBL) haben dieses gigantische Projekt zusammen mit einem großen Team von Kooperationspartnern ins Leben gerufen. Sie haben Proben gesammelt und den 14,2 Terabyte großen Datensatz bioinformatisch ausgewertet, und sich dabei auf 189 / 1.450 Bodenproben für eine detaillierte Analyse konzentriert, welche die wichtigsten Biome der Welt, von Tropenwäldern bis zur Tundra, auf allen Kontinenten umfasst.

Globaler Kampf der Mikroben um Ressourcen

Während die Studie viele Millionen Gene der Mirkoben analysierte, überlappte lediglich ein halbes Prozent dieser mit Genen in den internationalen Datenbanken auf. „Die schiere Menge bisher unbekannter Gene ist überwältigend, aber diejenigen, die wir interpretieren können, weisen eindeutig auf einen globalen Krieg zwischen Bodenbakterien und -pilzen hin", sagt Peer Bork, EMBL-Gruppenleiter und Korrespondenzautor des Artikels.

Wie die Forscher entdeckten, kommen weniger Bakterien im Boden vor, wenn mehr Pilze vorhanden sind. Das Team stellte einen starken Zusammenhang zwischen der Anzahl von bakteriellen Antibiotikaresistenzgenen in Bakterien und der Menge von Pilzen fest. Insbesondere trifft dies in der Gegenwart von Pilzen zu, die zur Bildung von Antibiotika in der Lage sind, wie etwa Penicillium. „Dieses Muster“, so Falk Hildebrand, „könnte dadurch erklärt werden, dass Pilze im Kampf um mehr Ressourcen Antibiotika produzieren, wodurch nur Bakterien mit den entsprechenden Antibiotikaresistenzgenen überleben und so den Pilzen einen Vorteil verschafft."

Der Antagonismus zwischen Pilzen und Bakterien beeinflusst die Vielfalt bakterieller Gemeinschaften und bestimmt deren genetisches Repertoire an Antibiotikaresistenzen. Dieses Verständnis kann zur Vorhersage genutzt werden, wie sich Antibiotikaresistenzgene verbreiten und über welche Wege sie menschliche Krankheitserreger erreichen. Außerdem können sie genutzt werden, um Orte mit einem hohen Anteil an natürlichen Antibiotikaproduzenten vorherzusagen. Das ist wichtig, um neue Antibiotika zu finden.

Regionale Unterschiede

Das Team stellte überdies regionale Unterschiede in der Verteilung von Bakterien und Pilzen fest. Bodenbakterien finden sich überall; die größte genetische Vielfalt erreichen sie jedoch in gemäßigten Klimazonen. Ausschlaggebend für ihre relative Häufigkeit sind Umweltfaktoren wie die Temperatur: sie bevorzugen oft warme und feuchte Standorte. Pilze hingegen kommen häufiger in kühlen und trockenen Klimazonen wie der Tundra vor. Außerdem sind sie oft stärker geografisch beschränkt, das heißt es bestehen häufiger Populationsunterschiede zwischen den Kontinenten. Daraus folgt, dass die relativen Beiträge von Bakterien und Pilzen zum Nährstoffkreislauf weltweit unterschiedlich sind, sodass der globale Klimawandel sich unterschiedlich auf ihre Zusammensetzung und Funktion auswirken könnte.

Auswirkungen menschlicher Aktivität

Vergleicht man die Daten der unberührten Bodenstandorte mit den Daten der vom Menschen beeinflussten Orte wie z.B. Ackerland oder Gartenrasen, fällt auf, dass völlig unterschiedliche Verhältnisse zwischen Bakterien, Pilzen und Antibiotikaresistenzen bestehen. Diese Verschiebung des natürlichen Gleichgewichts – das sich vermutlich über weite Teile der Erdgeschichte evolviert hat – zeigt, nach Ansicht der Wissenschaftler, die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf das Bodenmikrobiom, mit bisher unbekannten Folgen. Ein besseres Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Pilzen und Bakterien im Boden könnte jedoch dazu beitragen, den Einsatz von Bodendünger in der Landwirtschaft zu reduzieren. Nützlichen Mikroorganismen würde dadurch eine höhere Überlebenschance in ihrer natürlichen Umgebung verschafft.

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