News Release

Ethische Empfehlungen zur Triage von COVID-19-Erkrankten

Peer-Reviewed Publication

University of Bern

«Zu den grössten Schreckensszenarien der Corona-Pandemie gehört ein Mangel an intensivmedizinischen Beatmungsplätzen aufgrund rapide steigender Infektionszahlen», sagt Mathias Wirth, Leiter der Abteilung Ethik an der Theologischen Fakultät der Universität Bern, denn: «Versorgungsengpässe können zu einer Triage von schwer an COVID-19 Erkrankten führen und damit eine Entscheidung über Leben und Tod erzwingen.» Eine Triage meint hierbei die Bevorteilung einzelner COVID-19-Erkrankter gegenüber anderen je nach Dringlichkeit und Prognose. Gemeinsam mit Fachpersonen der Yale University, des King's College London, der Charité Berlin und des Universitätsklinikums Essen hat Medizinethiker Mathias Wirth eine Stellungnahme zu diesen schwierigen Entscheiden verfasst. Die Stellungnahme wurde im «American Journal of Bioethics (AJOB)» publiziert, der meistzitierten wissenschaftlichen Fachzeitschrift auf dem Gesamtgebiet der Ethik.

Triage nur unter ganz bestimmten Umständen ethisch vertretbar

Die Expertinnen und Experten warnen davor, die Möglichkeit einer Triage verfrüht einzusetzen; denn selbst wenn die Triage gerechtigkeitsbasierte Entscheidungen in Extremsituationen erlaube, führe sie zu einer erheblichen Belastung von Betroffenen, Angehörigen und medizinischem Personal. Um sie zu umgehen, müsse alles dafür getan werden, schwer kranke Patientinnen und Patienten in andere Spitäler ohne Versorgungsengpässe zu bringen - notfalls über Landesgrenzen hinweg, so die Autorinnen und Autoren.

Konkret empfehlen die Forschenden um Mathias Wirth für die Vorbereitung auf künftige Infektionswellen eine verstärkte regionale, nationale und sogar internationale Kooperation in der intensivmedizinischen Versorgung von COVID-19-Patientinnen und -Patienten. «Nur weil die Triage unter bestimmten Umständen gerecht ist, bedeutet dies nicht, dass sie es unter allen Umständen ist», sagt Wirth. «Es herrscht keine echte und legitime Triage-Situation, solange andernorts Behandlungsplätze verfügbar sind.»

Negative Entscheidung erfordert besondere Betreuung

Zweitens dürfe eine negative Triage-Entscheidung für eine einzelne Person keinesfalls bedeuten, dass deren medizinische und psychologische Versorgung vernachlässigt werde. Im Gegenteil: Würde ihr ein Beatmungsgerät vorenthalten, seien für sie und auch ihre Angehörigen maximale Bemühungen für ihre Behandlung und Betreuung zu fordern.

Die Stellungnahme von Wirth et al. liefert allen Stakeholdern, die sich in der gegenwärtigen Lage für mehr Kooperation einsetzen, gewichtige Argumente. Denn Gerechtigkeitsurteile, wie sie mit der Triage verbunden sind, beachten gemäss den Medizinethikerinnen und Medizinethikern moralische Probleme zu wenig. «Das Leid, das Triage-Entscheidungen in den Epizentren der ersten Welle für Erkrankte, Angehörige und medizinisches Personal mit sich brachten, bezeugt dies», sagt Wirth. Dank den Empfehlungen könnten Triage-Planungen deutlicher als Mittel der letzten Wahl eingestuft werden, sodass Alternativen stärker in den Blick genommen werden müssten.

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