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Hohe Auszeichnung für Freiburger Hirnforscher zum Immunsystem des Gehirns

Prof. Dr. Marco Prinz vom Universitätsklinikum Freiburg erhält den intenational renommierten Novo Nordisk-Preis 2021 / Ausgezeichnet wird die Forschung zum Immunsystem des Gehirns / Preis mit 672.000 Euro dotiert

Grant and Award Announcement

University of Freiburg

Marco Prinz

image: Prof. Dr. Marco Prinz view more 

Credit: University of Freiburg Medical Center / Britt Schilling

Die Blut-Hirn-Schranke ist eine bereits vor der Geburt etablierte, undurchdringliche Barriere zwischen dem zirkulierenden Blut und dem Gehirn, die verhindert, dass Immunzellen aus dem körpereigenen Immunsystem ins Gehirn gelangen. So verfügt das Gehirn über ein eigenes Immunsystem mit einem Hauptakteur namens Mikroglia. Als Wächter und Hausmeister spielen die Mikroglia eine zentrale Rolle sowohl bei der Überwachung und Verteidigung des Gehirns als auch bei der Aufrechterhaltung seiner normalen Funktionen. Professor Marco Prinz war von Beginn seiner Karriere an fasziniert von diesen Zellen, die man damals vor allem für die Müllabfuhr des Gehirns hielt.

„Die meisten Menschen fanden sie langweilig, weil man dachte, sie würden bei Krankheit einfach nur Abfall beseitigen. Unsere Forschung hat unter anderem gezeigt, dass ihre Funktion weit über diese Rolle hinausgeht und dass die Entwicklung der Mikroglia auf einen bemerkenswert kurzen Zeitraum während der fötalen Entwicklung zurückgeht. Mikroglia sind auch im Erwachsenenalter entscheidend für die Aufrechterhaltung der normalen Funktion des Gehirns und ihr funktionelles Versagen kann daher auch zu ernsten Erkrankungen des Gehirns führen“, erklärt Professor Dr. Marco Prinz, Ärztlicher Direktor am Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums Freiburg.

Früher Wecker im Gehirn

In Gehirnen, die von Multipler Sklerose oder Alzheimer betroffen sind, werden Mikroglia als eine der ersten Zellen im Gehirn überhaupt aktiviert; sie vermehren sich dann und reagieren schnell auf die Schadensbegrenzung, indem sie absterbende Zellteile und charakteristische Eiweißablagerungen verschlingen. Nach einigen Wochen der Reinigung von unerwünschtem Material erschöpfen sie sich jedoch und altern, was schließlich zur Entwicklung schwerer Hirnstörungen beitragen kann.

„Ich denke, wir beginnen jetzt langsam zu verstehen, wie diese Polizisten im Gehirn wirklich arbeiten. Basierend auf dem, was wir und andere Gruppen in Bezug auf molekularen Signaturen, auf neuartige Funktionen finden, könnte dies zukünftig für Patienten genutzt werden, denn die Mikroglia scheinen bei fast jeder Erkrankung des Gehirns als erste zu reagieren. Wenn wir also einige Moleküle, Gene oder Marker identifizieren können, die wirklich typisch für Mikroglia-spezifische Erkrankungen sind, sind möglicherweise bessere Diagnosen und Behandlungenmethoden in Aussicht“, sagt Marco Prinz.

Für seine einzigartigen Bemühungen erhält Marco Prinz den mit fünf Millionen Dänischen Kronen dotierten Novo Nordisk Preis. Die Novo Nordisk Stiftung vergibt den Preis, um einen aktiven Wissenschaftler zu ehren, der herausragende Beiträge zum Fortschritt der medizinischen Wissenschaft geleistet hat, um das Leben der Menschen zu verbessern.

„Marco Prinz ist ein außergewöhnlicher klinischer Wissenschaftler, der beispielhaft zeigt, wie Grundlagen- und klinische Forschung zusammenkommen können, um paradigmenveränderndes neues Wissen zu generieren. Er hat dazu beigetragen, ein neuartiges Bild von der Rolle des angeborenen Immunsystems im zentralen Nervensystem zu zeichnen, indem er unter anderem die Funktion und den Ursprung der Mikroglia des Gehirns und auch ihre funktionelle Verbindung zum Darmtrakt und dem Mikrobiom aufgeklärt hat. Mit dem Novo Nordisk Preis 2021 feiern wir den Brückenschlag zwischen Grundlagen- und angewandter Forschung in der Neuroimmunologie“, sagt Jørgen Frøkiær, Vorsitzender des Komitees, das den Preis vergibt.

Marco Prinz ist hocherfreut, den Preis zu erhalten und sagt:

„Vor 25 Jahren war es schwer vorstellbar, dass ich diese Ehrungen und Auszeichnungen erhalten würde, weil damals nicht viele Wissenschaftler auf diesen Zelltyp geachtet haben und damals eigentlich nur die Nervenzellen im Fokus standen. Deshalb nehme ich den Preis mit großer Demut und Stolz an. Vorhersagen, wie sich dieses Feld in den nächsten zehn Jahren entwickeln wird, sind schwierig, aber es explodiert derzeit enorm. Damit verbunden sind das Interesse und den potenziellen Möglichkeiten zur Heilung einiger dieser behindernden und tödlichen Hirnerkrankungen, und das ist die treibende Kraft in meiner täglichen Arbeit."

Zukünftige Behandlung

Marco Prinz stellt sich vor, dass es in Zukunft möglich sein könnte, einige der neuartigen, kürzlich identifizierten Mikroglia-spezifischen Moleküle für eine verbesserte Magnetresonanztomographie oder der Positronen-Emissions-Tomographie bei lebenden Patienten zu benutzen und so Krankheiten des Gehirns sehr frühzeitig zu diagnostizieren, noch bevor klinische Symptome auftreten.

„Das ist wie ein früher Wecker im Gehirn, der uns Dinge sagen kann, die heute nicht möglich sind. Gehirnkrankheiten werden heute in der Regel anhand der Symptome oder sogar anhand kleiner Biopsien aus dem menschlichen Gehirn diagnostiziert. Wenn die Mikroglia in einer bestimmten Region aktiviert sind, dann könnten wir vielleicht sagen, dass der Patient eine bestimmte Hirnerkrankung entwickelt“, erklärt Marco Prinz.

Heute werden die meisten Hirnerkrankungen erst spät klinisch diagnostiziert, wenn die Krankheit bereits fortgeschritten ist und die Patienten Schwierigkeiten haben. Mit einer frühen Diagnose können die Patienten möglicherweise eine spezifischere und zeitigere Behandlung erhalten, die in Zukunft auch auf einer Beeinflussung von Mikroglia basieren könnte.

„Wir halten Mikroglia für ein naheliegendes Ziel für die Behandlung von Menschen mit Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie Multiple Sklerose und Alzheimer. Das könnten pharmakologische oder genetische Interventionen sein, um diese Krankheiten zu beeinflussen“, sagt Marco Prinz.

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Über Marco Prinz

1990-1996 Medizinstudium, Humboldt-Universität (Charité), Berlin, Deutschland
1997-1998 Postdoktorand, Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin, Berlin-Buch, Deutschland
1999-2002 Postdoctoral Fellow und Arzt, Institut für Neuropathologie, Universität Zürich, Schweiz
2004 Habilitation an der Medizinischen Fakultät der Universität Göttingen; Fach- und Oberarzt für Neuropathologie, Institut für Neuropathologie, Universität Göttingen
2008- Professor (W3) und Direktor, Institut für Neuropathologie, Universitätsklinikum Freiburg
2014 Sobek-Preis
2015 Reinhart-Koselleck-Preis-Projekt
2017- Koordinator des SFB/TRR 167 NeuroMac zu myeloischen Zellen im ZNS
2018- 2020 Hochzitierter Forscher (Clarivate Analytics)
2018 Ernst-Jung-Preis
2020 Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis

Über den Novo Nordisk Preis

Mit dem Novo Nordisk Preis wird ein aktiver Wissenschaftler ausgezeichnet, der international herausragende Beiträge zum Fortschritt der medizinischen Wissenschaft geleistet hat, um die Gesundheit der Menschen zu verbessern.

Mit dem Preis soll die biomedizinische Forschung in Europa ausgezeichnet und weiter gefördert werden.

Der Preis ist mit 5 Mio. DKK (672.000 €) dotiert und setzt sich aus einem Forschungsstipendium in Höhe von 4,5 Mio. DKK (605.000 €) und einem persönlichen Preis von 0,5 Mio. DKK (67.000 €) zusammen.

Die Stiftung vergibt zusätzlich 0,5 Mio. DKK für die Ausrichtung eines internationalen Symposiums in dem/den Forschungsgebiet(en) des Empfängers.

Über das Institut für Neuropathologie, Universitätsklinikum Freiburg

Der Schwerpunkt der diagnostischen Aktivitäten des Instituts für Neuropathologie liegt in der Beurteilung von bioptischen Gewebeproben aus dem zentralen und peripheren Nervensystem und umfasst die mikroskopische und molekulare Untersuchung von ZNS- und PNS-Geweben. Die Forschungsaktivitäten umfassen Projekte im Bereich der angeborenen Immunität des Gehirns, wie Autoimmunentzündung (EAE-Modell), Neurodegeneration und allgemeine Immunität. Die klinische und wissenschaftliche Arbeit erfolgt in enger Zusammenarbeit mit Kollegen aus der Klinik für Neurologie und Neurophysiologie, der Klinik für Neurochirurgie und anderen medizinischen Fachbereichen innerhalb des Neurozentrums und aus anderen Institutionen.

Über die Novo Nordisk Stiftung

Die Novo Nordisk Foundation ist eine unabhängige dänische Stiftung mit unternehmerischen Interessen. Sie hat zwei Ziele: 1) eine stabile Basis für die Geschäfts- und Forschungsaktivitäten der Unternehmen der Novo-Gruppe zu schaffen; und 2) wissenschaftliche, humanitäre und soziale Zwecke zu unterstützen.

Die Vision der Stiftung ist es, einen wesentlichen Beitrag zu Forschung und Entwicklung zu leisten, der das Leben der Menschen und die Nachhaltigkeit der Gesellschaft verbessert. Seit 2010 hat die Stiftung mehr als 30 Mrd. DKK (4 Mrd. €) gespendet, hauptsächlich für die Forschung an öffentlichen Einrichtungen und Krankenhäusern in Dänemark und den anderen nordischen Ländern sowie für die forschungsbasierte Behandlung und Prävention von Diabetes. Lesen Sie mehr unter http://www.novonordiskfonden.dk/en.

Kontakt:

Prof. Dr. Marco Prinz
Ärztlicher Direktor
Institut für Neuropathologie
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: 0761 270-51060
marco.prinz@uniklinik-freiburg.de

Weitere Informationen unter

Christian Mostrup, Senior Programmleiter, +45 3067 4805, cims@novo.dk


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