News Release

Nicht alle Theorien erklären das schwarze Loch M87*

Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt und der Event Horizon Telescope-Kollaboration werten Daten vom ersten Bild eines schwarzen Lochs aus

Peer-Reviewed Publication

Goethe University Frankfurt

Event horizon sizes for different theories of gravity

image: All of these black holes cast dark shadows that are distinguishable from each other in size, but only those that fall in the gray band are compatible with the 2017 EHT measurements of M87*, and in this image, the one represented in red at the bottom is too small to be a viable model for M87*. view more 

Credit: Prashant Kocherlakota, Luciano Rezzolla (Goethe University Frankfurt and EHT Collaboration/ Fiks Film 2021)

FRANKFURT. Wie der deutsche Astronom Karl Schwarzschild erstmals aufzeigte, krümmen schwarze Löcher aufgrund ihrer extremen Konzentration an Masse die Raumzeit extrem stark und heizen die Materie in ihrer Umgebung auf, sodass diese anfängt zu leuchten. Der neuseeländische Physiker Roy Kerr konnte zeigen, dass Rotation die Größe eines schwarzen Lochs und den Raum in seiner Umgebung ändert. Den „Rand" eines schwarzen Lochs stellt der so genannte Ereignishorizont dar, die Grenze um die Massekonzentration herum, jenseits der Licht und Materie nicht entkommen können und die das schwarze Loch schwarz macht. Schwarze Löcher können, so sagen Theorien es voraus, durch eine Reihe von Eigenschaften beschrieben werden, durch ihre Masse, Rotation („Spin") und eine Vielzahl möglicher Ladungen.

Zusätzlich zur Beschreibung von schwarzen Löchern nach der allgemeinen Relativitätstheorie lassen sich schwarze Löcher etwa mit Theorien beschreiben, die sich aus der String-Theorie herleiten. Diese Art von Theorien nimmt ein zusätzliches skalares Feld in der zugrundeliegenden Physik an, das bei schwarzen Löchern zu beobachtbaren Veränderungen in ihrer Größe wie auch der Krümmung des Raums in ihrer Umgebung führt.

Die Physiker Dr. Prashant Kocherlakota und Prof. Luciano Rezzolla vom Institut für Theoretische Physik der Goethe-Universität Frankfurt haben nun erstmals überprüft, wie die verschiedenen Theorien zu den Beobachtungsdaten des schwarzen Lochs M87* im Zentrum der Galaxie Messier 87 passen. Das Bild von M87*, das 2019 von der weltumspannenden Event Horizon Telescope (EHT)-Kollaboration gemacht wurde, war nach der Messung von Gravitationswellen 2015 der erste experimentelle Beweis für die tatsächliche Existenz von schwarzen Löchern.

Das Ergebnis der Frankfurter Untersuchungen: Die Daten von M87* stimmen vollständig überein mit den auf Einstein basierenden Theorien und zu einem gewissen Teil mit den String-basierten Theorien. Dr. Prashant Kocherlakota erklärt: „Durch die von der EHT-Kollaboration aufgezeichneten Daten können wir nun verschiedene Theorien zu schwarzen Löchern testen. Derzeit können wir noch keine der Theorien zur Beschreibung des Schattens von M87* verwerfen, aber mit unseren Berechnungen schränken wir den Gültigkeitsraum der Modelle von schwarzen Löchern ein."

Prof. Luciano Rezzolla meint: „Die Idee eines schwarzen Lochs ist für uns theoretische Physiker gleichzeitig eine Quelle von Problemen und der Inspiration. Während wir immer noch mit einigen der Konsequenzen von schwarzen Löchern kämpfen wie zum Beispiel den Phänomenen ‚Ereignishorizont' oder ‚Singularität', freuen wir uns, wenn wir Lösungen zur Beschreibung von schwarzen Löchern in immer weiteren Theorien finden. Ergebnisse wie die jetzt von uns vorgestellten sind daher wichtig um zu bestimmen, welche Theorien plausibel sind und welche nicht. Neue Beobachtungen schwarzer Löcher werden unsere ersten Eingrenzungen der Theorien weiter präzisieren."

In der Event-Horizon-Telescope-Kollaboration sind Teleskope von Observatorien rund um den Globus zu einem virtuellen Riesenteleskop zusammengeschaltet, dessen Schüssel so groß ist wie die Erde selber. Mit der Präzision dieses Teleskops könnte man von einem Straßencafé in Berlin aus eine Zeitung in New York lesen.

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Video: Schwarzes Loch M87*: Prüfung verschiedener Gravitationsmodelle

https://youtu.be/dFhdl2sM4OY

Die EHT-Kollaboration umfasst mehr als 300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Afrika, Asien, Europa sowie Nord- und Südamerika. Sie arbeitet an hoch aufgelösten Aufnahmen schwarzer Löcher mit einem virtuellen Teleskop von der Größe der Erde. Die EHT Kollaboration wird international finanziert und verbindet bestehende Teleskope über neuartige Systeme, mit deren Hilfe sie ein grundlegend neues Forschungsinstrument mit dem höchsten bisher erreichten Winkelauflösungsvermögen schafft.

Die einzelnen Teleskope sind: ALMA, APEX, das IRAM 30-meter Telescope, das IRAM NOEMA Observatory, das James Clerk Maxwell Telescope (JCMT), das Large Millimeter Telescope (LMT), das Submillimeter Array (SMA), das Submillimeter Telescope (SMT), das South Pole Telescope (SPT), das Kitt Peak Telescope sowie das Greenland Telescope (GLT).

Das EHT-Konsortium besteht aus 13 Institutionen: Der Academia Sinica Institute of Astronomy and Astrophysics, der University of Arizona, der University of Chicago, des East Asian Observatory, der Goethe-Universität Frankfurt, des Institut de Radioastronomie Millimétrique, des Large Millimeter Telescope, des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie, dem MIT Haystack Observatory, dem National Astronomical Observatory of Japan, dem Perimeter Institute for Theoretical Physics, der Radboud University und dem Smithsonian Astrophysical Observatory.

Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 mit privaten Mitteln überwiegend jüdischer Stifter gegründet, hat sie seitdem Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Medizin, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein hohes Maß an Selbstverantwortung. Heute ist sie eine der drei größten deutschen Universitäten. Zusammen mit der Technischen Universität Darmstadt und der Universität Mainz ist die Goethe-Universität Partner der länderübergreifenden strategischen Universitätsallianz Rhein-Main. http://www.goethe-universitaet.de


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