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Neue Studie zeigt Zusammenhang zwischen Depression und gestörter Hirnreaktion auf viszerale Schmerzen bei RDS-Patienten auf

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Spink Health

Sigrid Elsenbruch, United European Gastroenterology

image: This is United European Gastroenterology spokesperson, professor Sigrid Elsenbruch. view more 

Credit: United European Gastroenterology (UEG)

Diese Pressemitteilung ist verfügbar auf Englisch, Französisch und Spanisch.

(Wien, 02. Oktober 2014) Das hohe Maß an Ängsten und Depression bei Patienten mit Reizdarmsyndrom (RDS) hat bereits zahlreiche Wissenschaftler zu der Vermutung veranlasst, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen psychologischen Faktoren und RDS-Symptomen bestehen könnte. Wissenschaftler in Deutschland haben jetzt klare Hinweise darauf gefunden, dass RDS-Patienten Schmerzsignale aus dem Bauchraum auf anomale Weise verarbeiten und gestörte Hirnreaktionen auf Schmerz bei Patienten mit mehr Depressionssymptomen besonders ausgeprägt sind.1

Auf der 22. United European Gastroenterology Week (UEG Week 2014) in Wien wird Professor Sigrid Elsenbruch von der Universität Duisburg-Essen eine neue Studie vorstellen, die nahelegt, dass Depressionen – aber nicht Angststörungen – zu der anomalen Schmerzverarbeitung bei RDS beitragen; dies wurde anhand eines Modells beobachtet, das sich mit der zentralen Schmerzinhibition bei Placebo-Analgesie befasste. „Unsere Studie hat gezeigt, dass RDS-Patienten weniger in der Lage sind, Schmerzsignale aus dem Bauchraum im Gehirn zu unterdrücken, und dass Depression dabei ein Rolle spielt", so Prof. Elsenbruch. „Die Studie bestätigt das komplexe Verhältnis zwischen Bauchraum und Gehirn und zeigt, dass affektive Störungen zur Entwicklung oder Aufrechterhaltung von gestörter Schmerzverarbeitung bei RDS beitragen könnten."

RDS, Ängste und Depression

RDS ist die häufigste funktionelle Magen-Darm-Störung mit einer dokumentierten Prävalenzrate von bis zu 23 %.2 Zu den Symptomen der Erkrankung zählen rezidivierende Schmerzen oder Unwohlsein im Bauchraum, Blähungen und veränderte Stuhlgewohnheiten (z. B. Durchfall und/oder Verstopfung). Depression und Ängste koexistieren häufig mit RDS; einer jüngsten Studie zufolge litten 38 % aller RDS-Patienten an einer klinisch bestätigten Depression (verglichen mit 6 % einer gesunden Kontrollgruppe), 32 % litten an Angstzuständen (verglichen mit 13 % der gesunden Kontrollgruppe).3

„Die Tatsache, dass so viele Menschen mit RDS an Ängsten und Depression leiden, führte zahlreiche Wissenschaftler zu der Annahme, dass RDS in erster Linie eine psychologische und keine physische Störung ist", so Prof. Elsenbruch. „Doch die Erkrankung ist komplex und basiert höchstwahrscheinlich auf einem Zusammenspiel psychischer und biologischer Faktoren. Tatsächlich wissen wir nicht, ob Ängste und Depression ein Ergebnis von RDS sind, oder ob sie zur Entwicklung und zum Erhalt von Symptomen beitragen. Bei vielen Patienten könnten beide Möglichkeiten zugleich der Fall sein."

Die „Hirn-Bauch"-Achse bei RDS

Die Rolle von Mechanismen des zentralen Nervensystems entlang der „Hirn-Bauch"-Achse bei RDS zieht erhebliches wissenschaftliches Interesse auf sich. Neuroimaging-Untersuchungen haben gezeigt, dass die neurale Verarbeitung von viszeralen Reizen (d. h. Reize, die von Innenorganen wie dem Darm erzeugt werden) bei RDS verändert wird; zahlreiche RDS-Patienten weisen dabei eine niedrigere Schmerzschwelle auf.4 In Prof. Elsenbruchs jüngster Studie wurden mittels eines pneumatisch gesteuerten Barostat-Systems bei 17 RDS-Patienten und 17 Kontrollpersonen entsprechenden Geschlechts und Alters schmerzhafte rektale Distensionen durchgeführt.1 Die neurale Aktivierung in schmerzrelevanten Hirnregionen wurde über funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) ermittelt, während den Testpersonen sequenziell Kochsalzlösung und ein angeblich krampflösendes Medikament (tatsächlich jedoch ein Kochsalzplacebo) intravenös verabreicht wurde, um die Aktivierungsmuster bei einer typischen Schmerzreaktion mit Placebo zu beobachten.

Die fMRT-Ergebnisse bei den gesunden Freiwilligen zeigten eine reduzierte neurale Aktivierung in den schmerzrelevanten Hirnregionen sowohl bei der Kochsalz- als auch der Placebo-Verabreichung, was eine erhebliche zentrale Schmerzhemmung indizierte. Bei der Gruppe der RDS-Patienten trat dagegen keine derartige Hemmung auf; dies legt eine Defizienz an zentralen schmerzhemmenden Mechanismen bei RDS nahe. Interessanterweise konnten höhere Werte für Depression (aber nicht Angststörungen) nach der Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS) in dieser Studie mit einer reduzierten zentralen Schmerzhemmung assoziiert werden.

„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass RDS-Patienten viszerale Schmerzsignale nicht auf dieselbe Weise verarbeiten wie gesunde Menschen und nicht in der Lage sind, Schmerzsignale im Gehirn zu unterdrücken. Daher lösen dieselben Reize bei ihnen stärkere Schmerzen aus", so Prof. Elsenbruch. „Die Tatsache, dass die Präsenz einer Depression mit veränderten Hirnreaktionen assoziiert werden konnte, legt nahe, dass Depression zu diesen anomalen Schmerzprozessen bei RDS-Patienten beitragen könnte."

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Literaturhinweise 1. SchmidJ, et al. Gut 2014. May 15. pii: gutjnl-2013-306648. doi: 10.1136/gutjnl-2013-306648.
2. http://www.aboutibs.org/site/what-is-ibs/facts/statistics
3. Shah E, et al. Ann Gastroenterol 2014;27:224-30.
4. Elsenbruch S. Brain Behav Immun 2011;25:386–94.

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Die UEG Week ist der größte und renommierteste Gastroenterologenkongress in Europa und hat sich inzwischen zu einer globalen Veranstaltung entwickelt.

Jedes Jahr zieht die Tagung mehr als 14.000 Teilnehmer aus über 120 Ländern an, diese Zahlen steigen ständig weiter. Die UEG Week bietet ein Forum, auf dem Grundlagen- und klinische Wissenschaftler aus aller Welt ihre jüngsten Forschungsarbeiten zu Verdauungs- und Lebererkrankungen vorstellen können, und umfasst außerdem ein zweitägiges Aufbauseminar, das führende Dozenten aus verschiedenen Fachgebieten zu einem Wochenende interaktiven Lernens zusammenführt.

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