News Release

Eipulver als Nahrungsergänzungsmittel geeignet?

Unterernährung bekämpfen

Peer-Reviewed Publication

Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München

Dr. Philip Pirkwieser in the analytical laboratory

image: Dr. Philip Pirkwieser in an analytical laboratory of the Leibniz Institute for Food Systems Biology at the Technical University of Munich (LSB) view more 

Credit: Leibniz Institute for Food Systems Biology at the Technical University of Munich (LSB)

Unterernährung ist nicht nur in afrikanischen Ländern eine zentrale Herausforderung. Wie eine internationale Studie unter Führung von Veronika Somoza nun zeigt, ist Eipulver ein Nahrungsmittel mit großem Potenzial, die Ernährungssituation von Kindern in Mangelgebieten zu verbessern. Im Vergleich zu pasteurisiertem Vollei enthält das Pulver zwar geringere Mengen an essenziellen Fettsäuren, liefert aber dennoch viele Vitamine, unentbehrliche Aminosäuren und wichtige Spurenelemente. Darüber hinaus ist es ohne zusätzliche Konservierungsstoffe lange haltbar, lässt sich leicht über weite Strecken transportieren und ist einfach zuzubereiten.

Allein in Afrika sind laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mehr als 250 Millionen Menschen unterernährt. Besonders hart betroffen sind Säuglinge und Kinder. „Studien belegen, dass die Zugabe von täglich einem Ei zur Beikost dazu beitragen kann, die Häufigkeit von Untergewicht bei älteren Säuglingen um 74 Prozent zu verringern sowie dem sogenannten ‚Stunting‘-Effekt entgegenzuwirken“, sagt Veronika Somoza, Direktorin des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (LSB).

Eipulver eine preiswerte Alternative?

In Gebieten, in denen eine Mangelernährung zum Alltag gehört, sind Eier jedoch kaum verfügbar. Preiswertes Eipulver könnte daher eine Alternative sein. Aufgrund seines minimalen Wassergehaltes verfügt es über eine deutlich längere Haltbarkeit sowie eine relativ hohe Nährstoffdichte. Zudem ist es im Vergleich zu Eiern leichter zu lagern und zu transportieren, und es lässt sich Lebensmitteln leicht beimengen. Dies macht es als potentielles Nahrungsergänzungsmittel interessant.

Trotz seiner weitverbreiteten industriellen Nutzung war jedoch bislang nur wenig über dessen Nährstoffqualität bekannt. Um diese Wissenslücke zu schließen, führte das Team um Veronika Somoza eine umfangreiche Vergleichsstudie durch. In dieser bestimmte es mit modernsten lebensmittelchemischen Analysemethoden die Nährstoffprofile von jeweils drei industriell hergestellten, pasteurisierten Vollei-Chargen und drei aus diesen Chargen produzierten Eipulver-Proben. Anschließend verglich es die ermittelten Nährstoffprofile auf Basis der Trockenmasse.

Eipulver nicht durch Schwermetalle belastet

„Wie unsere Analysen ergaben, führte der Trocknungsprozess nicht zu einer Anreicherung der Schwermetalle Cadmium, Blei, Arsen und Quecksilber“, berichtet Philip Pirkwieser, promovierter Chemiker am LSB und Erstautor der Studie. Zudem beobachtete das Forschungsteam keine oder nur geringe Einbußen hinsichtlich des Gesamtfettgehalts, des Gehalts an essenziellen Aminosäuren, wichtiger Spurenelemente oder Carotinoide. Ebenso blieben die Vitamin-E- (alpha- und gamma-Tocopherol) und Vitamin-B12-Konzentrationen nahezu konstant. Allerdings ging der Gehalt an Vitamin A (Retinol) um 14 Prozent zurück. Die Menge an lebensnotwendigen Omega-6- bzw. Omega-3-Fettsäuren verringerte sich sogar deutlich um durchschnittlich 39 bzw. 61 Prozent.

„Trotz des geringen Retinol-Verlustes ist Eipulver eine wertvolle Vitamin-A-Quelle. Insbesondere afrikanische Regionen südlich der Sahara könnten hiervon profitieren. Denn ein Vitamin-A-Mangel ist dort weit verbreitet und führt zu einer hohen Prävalenz von Sehstörungen“, erklärt Veronika Somoza. Eine tägliche Aufnahmemenge von Eipulver, die einem mittelgroßen Ei entspricht, reiche aus, um den Tagesbedarf eines Kindes je nach Alter für Vitamin A zu 24 Prozent, für Vitamin E zu 100 Prozent, für Selen zu 61 Prozent und für Zink zu 22 Prozent zu decken. Das sei sehr positiv. Würde es gelingen, den Gehalt an essenziellen Fettsäuren und Vitamin A zu erhöhen, ließe sich das große Potential von Eipulver als Nahrungsergänzungsmittel voll ausschöpfen, sagt die Direktorin des LSB weiter. Ein Weg könne sein, dies durch Hühnerfutter zu erzielen, das mit diesen Fettsäuren und Vitaminen angereichert ist.

Publikation:

Pirkwieser, P., Grosshagauer, S., Dunkel, A., Pignitter, M., Schneppe, B., Kraemer, K., and Somoza, V. (2022). Evaluation of spray-dried eggs as a micronutrient-rich nutritional supplement. Frontiers in Nutrition 9. 10.3389/fnut.2022.984715. www.frontiersin.org/articles/10.3389/fnut.2022.984715/full

Hintergrundinformation:

Zum Nährwert von frischen Hühnereiern:

Hühnereier sind eine wertvolle Eiweißquelle mit einer biologischen Wertigkeit von 100 Prozent. Sie enthalten mit Ausnahme von Vitamin C alle Vitamine und stellen eine wichtige Nährstoffquelle dar. Alle fettlöslichen Vitamine A, D, E und K sind im Eigelb enthalten. In 100 g Vollei lassen sich durchschnittlich 276 μg Vitamin A (Retinol), 2,3 mg Vitamin E (Gesamttocopherole), 2,9 μg Vitamin D und 8,9 μg Vitamin K nachweisen. Mit diesen Gehalten können Eier einen wichtigen Beitrag zur Deckung des täglichen Vitaminbedarfs leisten. Weitere Informationen zu Nährwertangaben und Zufuhrempfehlungen finden Sie unter www.sfk.online und den D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr für Jugendliche und Erwachsenen https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/?L

Broschüre: Ernährung sichern − Wachstum fördern 2020; Herausgeber: Bundesministerium für Ernährung  und Landwirtschaft (BMEL); Stand: Nov. 2020  https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/afrika-konzept.pdf?__blob=publicationFile&v=5

Sprühtrocknungsverfahren zur Herstellung des Eipulvers:

Während sich das handelsübliche Sprühtrocknungsverfahren mit einer Einlauftemperatur von 160 °C und einem Auslauf zwischen 80-90 °C für die meisten Nährstoffe wie Vitamin E und Vitamine der B-Gruppe oder die essenziellen Aminosäuren als geeignet erweist, zeigt die deutliche Konzentrationsabnahme der ungesättigten Fettsäuren, dass das Verfahren diesbezüglich optimiert werden sollte.

Kontakte:

Expert:innen-Kontakt:

Prof. Dr. Veronika Somoza
Direktorin des Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie
an der Technischen Universität München (LSB)
Lise-Meitner-Str. 34
85354 Freising
E-Mail: v.somoza.leibniz-lsb(at)tum.de

Dr. Philip Pirkwieser
Research Group Metabolic Function & Biosignals am LSB
Tel.: +49 8161 71-2932
E-Mail: p.pirkwieser.leibniz-lsb(at)tum.de
Kurzprofil: https://www.leibniz-lsb.de/institut/mitarbeiterinnen/kurzprofil-dr-philip-pirkwieser/

Pressekontakt am LSB:
Dr. Gisela Olias
Wissenstransfer, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +49 8161 71-2980
E-Mail: g.olias.leibniz-lsb(at)tum.de
www.leibniz-lsb.de

Informationen zum Institut:

Das Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (LSB) besitzt ein einzigartiges Forschungsprofil an der Schnittstelle zwischen Lebensmittelchemie & Biologie, Chemosensoren & Technologie sowie Bioinformatik & Maschinelles Lernen. Weit über die bisherige Kerndisziplin der klassischen Lebensmittelchemie hinausgewachsen, leitet das Institut die Entwicklung einer Systembiologie der Lebensmittel ein. Sein Ziel ist es, neue Ansätze für die nachhaltige Produktion ausreichender Mengen an Lebensmitteln zu entwickeln, deren Inhaltsstoff- und Funktionsprofile an den gesundheitlichen und nutritiven Bedürfnissen, aber auch den Präferenzen der Verbraucherinnen und Verbraucher ausgerichtet sind. Hierzu erforscht es die komplexen Netzwerke sensorisch relevanter Lebensmittelinhaltsstoffe entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit dem Fokus, deren physiologische Wirkungen systemisch verständlich und langfristig vorhersagbar zu machen.

Das Leibniz-Institut ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 97 selbständige Forschungseinrichtungen verbindet. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 20.000 Personen, darunter 10.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.

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