News Release

Männliche Gelbe Spinnerameisen sind Chimären

Männchen der Gelben Spinnerameise tragen zwei Genome in jeweils unterschiedlichen Zellen

Peer-Reviewed Publication

Johannes Gutenberg Universitaet Mainz

Männliches Exemplar der Gelben Spinnerameise (Anoplolepis gracilipes)

image: Männliches Exemplar der Gelben Spinnerameise (Anoplolepis gracilipes) view more 

Credit: Foto/©: Hugo Darras

Sie gilt als eine der schlimmsten invasiven Arten der Welt: die Gelbe Spinnerameise, von Expertinnen und Experten Anoplolepis gracilipes genannt. Dies ist jedoch nicht der Grund, aus dem sich ein internationales Forscherteam mit dieser Ameisenart beschäftigt – stattdessen interessiert sich dieses für die Fortpflanzung der Insekten; insbesondere die Männchen stellten die Wissenschaft bislang vor Rätsel. "Frühere genetische Studien an Gelben Spinnerameisen haben gezeigt, dass Männchen dieser Art zwei Kopien jedes Chromosoms tragen. Dies war unerwartet, da sich Männchen typischerweise aus unbefruchteten Eiern entwickeln und nur einen mütterlichen Chromosomensatz tragen – bei Ameisen ebenso wie bei Bienen und Wespen", erläutert Dr. Hugo Darras, Assistenzprofessor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und Erstautor der kürzlich in Science erschienenen Studie. "Dies veranlasste uns, detaillierte Folgeexperimente durchzuführen."

Zwei Genome in unterschiedlichen Zellen

Die Ergebnisse erstaunen: Die bisherige Annahme – dass die Männchen der Gelben Spinnerameise in allen ihren Zellen das gleiche genetische Material tragen – trifft keineswegs zu, wie das Team zeigen konnte. "Wir haben entdeckt, dass Ameisen-Männchen mütterliche und väterliche Genome in verschiedenen Zellen ihres Körpers tragen und damit Chimären sind. Anders gesagt: Die Männchen tragen zwei Genome in ihrem Körper, wobei jedoch jede Zelle ihres Organismus nur eines der beiden Genome trägt", fasst Darras zusammen. Üblicherweise weisen die Zellen vielzelliger Organismen alle das gleiche genetische Material auf, sei es bei Mensch, Hund oder Fledermaus.

Der Grund für dieses doppelte Erbgut bei Männchen der Gelben Spinnerameise: Sie entwickeln sich aus befruchteten Eiern, in denen die väterlichen Nuklei nicht verschmelzen. Stattdessen teilen sich die mütterlichen und väterlichen Nuklei unabhängig voneinander – was dazu führt, dass erwachsene Männchen die mütterlichen und väterlichen Genome in verschiedenen Zellen ihres Körpers tragen. Verschmelzen die Genome dagegen, entwickeln sich die Eier je nach genetischer Information des Spermiums zu einer Königin oder einer Arbeiterin. Welche Mechanismen steuern, ob ein solches Verschmelzen stattfindet oder nicht, ist derzeit noch nicht bekannt.

Chimärismus: Eine für die Wissenschaft neue Art der Fortpflanzung

Chimären, also Individuen aus genetisch unterschiedlichen Zellen, kommen natürlicherweise in manchen Organismen wie Korallen oder Seeteufeln vor: Denn hier können verschiedene Individuen zu einem verschmelzen. Auch bei Menschen und anderen Plazentatieren kann Chimärismus auftreten. Während der Entwicklung tauschen Mutter und Fötus eine kleine Anzahl von Zellen aus, das Baby trägt daher einige Zellen mit dem gleichen genetischen Material wie die Mutter. Auch zwischen Zwillingen können solche winzigen genetischen Austausche stattfinden. "Bei der Gelben Spinnerameise stammt der Chimärismus jedoch nicht aus der Verschmelzung verschiedener Individuen oder aus dem Zellaustausch zwischen Individuen. Vielmehr wird er in einem einzigen befruchteten Ei etabliert. Das ist einzigartig", sagt Darras. Die Gelbe Spinnerameise umgeht damit das fundamentale Gesetz der genetischen Vererbung, dass alle Zellen das gleiche Genom tragen.

 

Weiterführende Links:

  • https://www.blogs.uni-mainz.de/fb10-evolutionary-biology/research-groups/group-darras/ – Forschungsgruppe "Genetic Systems and Social Evolution" von Dr. Hugo Darras
  • https://evo.bio.uni-mainz.de/ – Arbeitsgruppe "Verhaltensökologie und Soziale Evolution" am Institut für Organismische und Molekulare Evolutionsbiologie der JGU
     

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