image: Depression and cardiac biomarkers in brain stimulation therapy. (Left) Depression affects millions worldwide, with at least one-third of patients not responding well to conventional treatments. (Right) Electrocardiogram patterns during brain stimulation showing heart rate deceleration within 45 seconds (increased intervals between beats) that predicts treatment success at 6 weeks.
Credit: Created by Julio Licinio. Sources: (Left) Fotorech, Pixabay, 2015, File ID: 2635043, CC0; (Right) John Campbell, Flickr, 104346167@N06/16231219277, 2016. Commons. CC0
GÖTTINGEN, Deutschland, 14. Oktober 2025 -- Forscher unter der Leitung von Dr. Roberto Goya-Maldonado am Universitätsklinikum Göttingen haben einen schnellen physiologischen Marker identifiziert, der vorhersagt, welche Patienten mit schwerer Depression auf die magnetische Hirnstimulationstherapie ansprechen werden. Der Forschungsartikel, veröffentlicht in Brain Medicine, fand heraus, dass Patienten, deren Herzfrequenz sich innerhalb von 45 Sekunden nach Behandlungsbeginn verlangsamte, sechs Wochen später eine signifikant größere Verbesserung der depressiven Symptome zeigten.
Entdeckung von Echtzeit-Behandlungsindikatoren
Das Forschungsteam überwachte 75 Patienten mit schwerer depressiver Störung während der beschleunigten intermittierenden Theta-Burst-Stimulation (iTBS), einer fortgeschrittenen Form der transkraniellen Magnetstimulation. Mittels kontinuierlicher Elektrokardiogramm-Überwachung verfolgten sie die Herzschlag-zu-Herzschlag-Veränderungen vom Moment des Stimulationsbeginns an.
„Patienten, die eine stärkere Herzfrequenzverlangsamung innerhalb der ersten 45 Sekunden der initialen Stimulation zeigten, demonstrierten eine überlegene klinische Verbesserung bei der sechswöchigen Nachuntersuchung", berichteten die Forscher. Diese Beziehung bestand nur bei aktiver Stimulation, nicht bei Scheinbehandlung, was darauf hindeutet, dass die Herzreaktion eine bedeutsame Aktivierung stimmungsregulierender Hirnschaltkreise widerspiegelt.
Herausforderung der Personalisierungsannahmen
Die Studie testete auch, ob die Personalisierung von Hirnstimulationsstellen basierend auf individuellen funktionellen Konnektivitätsmustern im Ruhezustand die Behandlungsergebnisse verbessern würde. Überraschenderweise zeigte dieser ausgefeilte Neuroimaging-Ansatz keinen Vorteil gegenüber der Standard-Positionierung an der F3-Position des 10-20 EEG-Systems auf der Kopfhaut.
Trotz der Verwendung fortgeschrittener MRT-Scans zur Identifizierung des optimalen Stimulationsziels jedes Patienten basierend auf der Konnektivität zwischen Hirnregionen, ergab die personalisierte Zielführung eine gleichwertige Linderung depressiver Symptome wie der einfachere standardisierte Ansatz. Implementierungsherausforderungen könnten zu diesem Befund beigetragen haben, da die tatsächlichen Stimulationsorte manchmal mehr als 10 Millimeter von den berechneten Zielen abwichen.
Mechanismen, die Gehirn und Herz verbinden
Die Herzfrequenzverlangsamung spiegelt wahrscheinlich die erfolgreiche Aktivierung des frontal-vagalen Weges wider, eines neuralen Schaltkreises, der den präfrontalen Kortex über den subgenualen anterioren cingulären Kortex und den Hirnstamm mit dem Herzen verbindet. Wenn die Hirnstimulation effektiv stimmungsregulierende Netzwerke aktiviert, löst sie messbare Veränderungen im Herzrhythmus über diesen Weg aus.
Die Beziehung erwies sich jedoch als komplex. Während die Herzfrequenzverlangsamung eine langfristige Verbesserung vorhersagte, korrelierten Zunahmen der Herzfrequenzvariabilität während der Stimulation paradoxerweise mit schlechteren Einwochen-Ergebnissen. Dieser unerwartete Befund hebt Lücken im Verständnis der zeitlichen Dynamik von Gehirn-Herz-Interaktionen während der Neuromodulation hervor.
Praktische Anwendungen für die klinische Praxis
Die Erkenntnisse legen nahe, dass eine einfache Herzüberwachung während der initialen Behandlungssitzungen Ärzten helfen könnte, die Therapie zu optimieren. Anstatt sich ausschließlich auf anatomische Landmarken oder teure Neuroimaging zu verlassen, könnten Praktiker Stimulationsparameter basierend auf Echtzeit-physiologischem Feedback anpassen.
„Falls validiert, könnten kardiale Biomarker eine Echtzeitoptimierung während der Behandlungssitzungen ermöglichen", bemerkten Dr. Julio Licinio und Dr. Helen Mayberg in einem begleitenden Editorial. Sie betonten, wie Kliniker die Spulenpositionierung oder Stimulationsintensität basierend auf unmittelbaren Herzreaktionen anpassen könnten, was potenziell die Ansprechraten verbessert, die derzeit bei Standardprotokollen zwischen 30-50% liegen.
Behandlung therapieresistenter Depression
Die schwere depressive Störung betrifft bis zu 20% der Bevölkerung, wobei etwa ein Drittel der Patienten nicht auf konventionelle antidepressive Medikamente anspricht. Für diese behandlungsresistenten Fälle bietet die Hirnstimulation eine wichtige Alternative, obwohl die Ergebnisse sehr variabel bleiben.
Das in dieser Studie verwendete beschleunigte iTBS-Protokoll verabreichte 36.000 magnetische Pulse über zwei Wochen, wobei die Patienten vier tägliche Sitzungen erhielten. Dieser intensive Ansatz zielt darauf ab, schnellere therapeutische Effekte zu erzielen als traditionelle Protokolle, die sich über mehrere Wochen erstrecken.
Zukünftige Richtungen und Einschränkungen
Mehrere Fragen bleiben für zukünftige Untersuchungen offen. Wird die Kombination von Herzüberwachung mit anderen Biomarker-Ansätzen die Vorhersagegenauigkeit weiter verbessern? Kann Echtzeit-Herzfeedback Parameteranpassungen während der Behandlungssitzungen leiten? Wie beeinflussen individuelle Unterschiede in der autonomen Funktion diese Beziehungen?
Das Crossover-Design stärkte zwar die interne Validität, erschwerte aber die Interpretation längerfristiger Effekte. Zukünftige Parallelgruppenstudien könnten den optimalen Zeitpunkt für die Bewertung der Behandlungsantwort klären und ob Vorteile der personalisierten Zielführung bei spezifischen therapeutischen Fenstern auftreten.
Diese Forschung stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Präzisionspsychiatrie dar und bietet neue Einblicke in die Mechanismen der Hirnstimulation durch rigorose experimentelle Untersuchung. Die Ergebnisse stellen bestehende Paradigmen über personalisierte Zielführung in Frage und liefern gleichzeitig kritische Beweise für kardiale Biomarker in der Depressionsbehandlung. Durch den Einsatz innovativer kontinuierlicher Überwachungsansätze hat das Forschungsteam Daten generiert, die nicht nur das Grundlagenwissen vorantreiben, sondern auch praktische Anwendungen in klinischen Umgebungen nahelegen. Diese Arbeit veranschaulicht, wie bahnbrechende Forschung die Lücke zwischen Grundlagen-Neurowissenschaft und translationalen Anwendungen überbrücken kann und möglicherweise Tausende von Patienten mit behandlungsresistenter Depression in den kommenden Jahren beeinflusst.
Der Forschungsartikel in Brain Medicine mit dem Titel „Herzfrequenzmodulation und klinische Verbesserung bei schwerer Depression: Eine randomisierte klinische Studie mit beschleunigter intermittierender Theta-Burst-Stimulation" ist ab dem 14. Oktober 2025 kostenlos über Open Access in Brain Medicine unter folgendem Hyperlink verfügbar: https://doi.org/10.61373/bm025a.0113.
Das Editorial in Brain Medicine mit dem Titel „Herzrhythmen als Fenster zur Hirnstimulationsantwort: Versprechen und Fallstricke in der Präzisionspsychiatrie" ist ab dem 14. Oktober 2025 kostenlos über Open Access in Brain Medicine unter folgendem Hyperlink verfügbar: https://doi.org/10.61373/bm025d.0119.
Über Brain Medicine: Brain Medicine (ISSN: 2997-2639, online und 2997-2647, gedruckt) ist eine hochwertige medizinische Forschungszeitschrift, die von Genomic Press, New York, veröffentlicht wird. Brain Medicine ist ein neues Zuhause für den interdisziplinären Weg von Innovation in der Grundlagen-Neurowissenschaft zu translationalen Initiativen in der Hirnmedizin. Der Umfang der Zeitschrift umfasst die zugrunde liegende Wissenschaft, Ursachen, Ergebnisse, Behandlungen und gesellschaftlichen Auswirkungen von Hirnerkrankungen über alle klinischen Disziplinen und deren Schnittstelle hinweg.
Besuchen Sie die Virtuelle Bibliothek von Genomic Press: https://issues.genomicpress.com/bookcase/gtvov/
Unsere vollständige Website finden Sie unter: https://genomicpress.kglmeridian.com/
Journal
Brain Medicine
Method of Research
Experimental study
Subject of Research
People
Article Title
Heart rate modulation and clinical improvement in major depression: A randomized clinical trial with accelerated intermittent theta burst stimulation
Article Publication Date
14-Oct-2025
COI Statement
The authors declare no conflicts of interest. Two NCG-ENGAGE HR boxes were provided on loan by neuroCare for use in this study; however, they had no knowledge of or influence on the results obtained. The corresponding author had full access to all the data in the study and had final responsibility for the decision to submit for publication. The manuscript has been read and approved by all authors.